von Sandra Barbosa da Silva
Eine Fabel
Genre: Lebensweisheit
Lesedauer: 2–3 min.
An einem geselligen Ort, an dem es Speisen und Getränke im Überfluss gab, verabschiedete sich eine junge, hübsche Igeldame von ihren Freundinnen. Sie wollte sich gerade auf den Heimweg machen, als die Tür mit lautem Poltern aufflog. Im Rahmen erschien die Silhouette eines wunderschönen, kräftigen, in irisierendem Blau schimmernden Pfaus.
Im Inneren herrschte einen Moment lang Stille. Als der Pfau sie erspähte, holte er so tief Luft, dass seine Brust zu zerspringen drohte. Ihr zugewandt, klappte er mit einem gewinnenden Grinsen und hörbarem „Flapp“ seinen Federkranz aus und wackelte gefällig mit dem Hinterteil.
„Wohin des Weges so allein, meine Schöne? Ist das nicht zu gefährlich, so ganz ohne Schutz? Schaue dir mein buntes und prachtvolles Gefieder an. Ich bin so schön, dass mir die Welt zu Füßen liegt und ich dir ein Leben in Überfluss und Sicherheit bieten kann. Komm mit mir, und dein fades Leben hat ein Ende!“, gurrte er und sah sie hypnotisierend an.
Die Igelin aber zwängte sich an ihm vorbei nach draußen.
„Mich blendest du nicht, mein Lieber. Wie willst du, der du so bunt, laut und nur auf dich selbst bedacht bist, dich vor Gefahren schützen? Sei achtsam, Hochmut kommt vor dem Fall.“ Mit diesen Worten rollte sie sich unter einem herbstlichen Kastanienbaum zusammen.
Heran sprang ein hungriger Wolf und fraß den Pfau.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt.