Ständige Unruhe, Nervosität, Gedankenkreisen?
Ängste?
Noch schlimmer?
Ein uraltes Programm tief in unserem Inneren lässt uns niemals zur Ruhe kommen.
(Foto: Säbelzahntiger – Jim Cooper / pixabay)
Der Kampf-oder-Flucht-Reflex kann sehr nützlich sein. Er ist den Säugetieren angeboren und lässt sie bei Gefahr im Sekundenbruchteil entweder um ihr Leben kämpfen oder wegrennen. Dabei werden alle biologischen Vorgänge im Körper auf ein Minimum heruntergefahren bis auf diesen einen; sämtliche Ressourcen stehen nun ausschließlich entweder fürs Kämpfen oder Fliehen zur Verfügung. Auch unser Verstand tritt in den Hintergrund, wir funktionieren nur noch durch unseren Autopiloten, das Autonome Nervensystem. Wir sind zu extremer Höchstleistung bereit. Dies ist der Moment, in dem eine Mutter es schafft, ein Auto anzuheben, um ihr verletztes Kind darunter zu befreien.
Was passiert im Körper, sobald unsere Wahrnehmung „Gefahr“ meldet?
- das Gehirn sendet Impulse durch die Nervenbahnen an das Nebennierenmark
- die Nebennieren setzen schlagartig Adrenalin frei (nur kurzzeitig wirksam)
- dadurch erhöhen sich Herzminutenvolumen, Muskeltonus und Atemfrequenz
- dauert die Belastung länger, schüttet die Nebennierenrinde Hormone wie Cortisol aus
- dies liefert die nötige Energie für ein überlebensicheres Verhalten in Stresssituationen
Sobald die potenzielle Beute – das Opfer – sich wieder sicher fühlt, fährt das Programm herunter und Entspannung kehrt ein, als wäre nie etwas gewesen.
Ein Beispiel:
Stell dir vor, du seist ein kleines Mammut, das friedlich im Schutz seiner Herde durch die Gegend streift, auf der Suche nach Nahrung. Plötzlich schießt ein Säbelzahntiger heran, ebenfalls auf der Suche nach Nahrung. Leider passt du in sein Beuteschema. Dein Körper versetzt dich sofort in den Ausnahmezustand und du sprintest los. Eigentlich kannst du das Rennen nicht gewinnen. Aber nun fliegst du hinweg über alles, was dir im Weg liegt, schlägst Haken, ohne darüber nachzudenken – dein Autopilot steuert dich. Der rettende Fluss naht, und mit deinen noch kurzen Beinen springst du, ohne zu wissen, ob du es auf die andere Seite schaffst oder nicht. Die Kampf- oder Fluchtreaktion macht es möglich. Du landest auf der anderen Seite, läufst weiter, blickst gehetzt zurück. Du hast Glück. Dein Verfolger hasst Wasser und hat die Jagd aufgegeben. Dein Katastrophenalarm fährt herunter in den Normalzustand und du fühlst dich wieder sicher. Du schüttelst dich einmal kurz und kehrst zurück zu deiner Herde.
So viel zum normalen Ablauf.
Wir Menschen sind etwas komplizierter. Auch für uns kann dieser uralte Reflex durchaus dienlich sein. Wir kämpfen vielleicht nicht mehr täglich ums Überleben, machen aber manchmal Situationen durch, bei denen uns schlagartig alle Sicherungen durchbrennen und wir sofort flüchten oder zurückschlagen möchten. Meistens ist diese Reaktion völlig übertrieben; weder unser Lebenspartner noch unser Chef trachten uns nach dem Leben.
Warum schießt unser Körper also mit Kanonen auf Spatzen?
Wir Menschen sind die einzige Spezies, bei der dieser Reflex nach einem schlimmen Erlebnis auch einmal nicht wieder herunterfahren kann, und das Unheil nimmt seinen Lauf. Ist er dauerhaft aktiviert, sind wir konstant in Alarmbereitschaft, sind gehetzt, sehen überall Feinde, machen uns Sorgen, neigen zu Perfektionismus. Wie Ent-Spannung wirklich geht, wissen wir nicht – wir stehen da mit ständig gewetzten Messern, können diesen überschüssigen „Dampf“ aber nicht ablassen und richten ihn oft unbewusst nach innen. Irgendwann muss sich dieser Überschuss verdichten, und die ersten Probleme entstehen.
Von emotionalen oder psychischen bis hin zu körperlichen Beschwerden gibt es viele Ausdrucksformen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben:
Schlafstörungen – Unruhe – Nervosität – Gewichtszunahme – Depressionen – Migräne – Bluthochdruck – Gedankenkreisen – Angstzustände – Panikattacken – PTBS – ADHS – Allergien – Konzentrationsschwierigkeiten – Perfektionismus – Süchte - Verdauungsprobleme, Nervenirritationen u. v. m.
Natürlich können all diese Beschwerden auch andere Hintergründe haben, wie z. B. medikamentöse Nebenwirkungen, Nährstoffmangel usw.; diese wollen wir hier jedoch nicht betrachten.
Die Kampf- oder Fluchtreaktion ist nicht entweder an oder aus; im aktivierten Zustand kann sie ein breites Spektrum haben und lange nicht bemerkt werden. Wie bei einem Schieberegler kann die Intensität stufenlos variieren.
fight – ich kämpfe
flight – ich flüchte
freeze – ich erstarre und kann nichts mehr tun
faint – ich werde ohnmächtig
Wie kommt es, dass unser Körper derart überreagiert?
In Stresssituationen produzieren wir größere Mengen Cortisol. Dieses soll möglichst schnell den Blutzucker anheben, damit wir genug Energie für Kampf oder Flucht haben. Klingt der Stress nicht ab, schwimmt unser Gehirn quasi dauerhaft in Cortisolsuppe, was allerlei Probleme bis hin zu diversen körperlichen und emotionalen Krankheiten verursachen kann. Unsere Lebensqualität schwindet.
Schuld am dauerhaft aktivierten Kampf- oder Flucht-Reflex ist meistens ein Trauma, eine emotionale Wunde, deren Geschichte in Form eines Abdrucks in unserem Energiefeld gespeichert ist. Das Erlebte kann frisch sein, meistens aber handelt es sich um ein Geschehen aus unserer Kindheit, einem Alter, in dem wir am hilflosesten, verletzlichsten und schutzbedürftigsten sind. Einer Zeit, in der wir noch gar nicht verstehen, was passiert ist und was wir da gerade fühlen. Oft ist uns dieses gar nicht mehr bewusst und wir erinnern uns nicht mehr daran; dabei muss es sich nicht einmal um etwas Schwerwiegendes wie z. B. körperlichen Missbrauch handeln.
Der Abdruck kann ewig schlafen; wird er jedoch durch ein ähnliches Gefühl wie damals getriggert, aktiviert er sich und wir spulen unbewusst die gleiche Reaktion in einer neuen Auflage der damaligen Geschichte ab. Wir reagieren heute auf eine vergleichsweise harmlose Situation mit der gleichen Intensität wie damals. Der Kreislauf nimmt kein Ende; wir denken, das gehört zu unserem Charakter – in Wahrheit versteckt sich hier eine alte Blockade, die unseren Energiefluss behindert und uns von der Ent-Spannung abhält. Viele von uns laufen dauerhaft am Begrenzer.
Es kommt noch besser
Erkennst du vielleicht ein Familienmuster? Kommt dein eigenes Reaktionsmuster ebenfalls in deiner Ahnenreihe, bei deinen Geschwistern oder deinen Kindern vor?
Leidet die schwangere Mutter unter dauerhaftem Stress, ist es sehr wahrscheinlich, dass das Baby mit einem erhöhten Stresslevel auf die Welt kommt. Hält dieser Zustand der Unsicherheit in der Familie weiterhin an, fühlt sich das kleine Menschlein nicht beschützt, nicht sicher, nicht geliebt usw. und startet so in sein Leben.
Es ist also möglich, dass deine emotionale Ur-Wunde – dein Trauma – gar nicht aus diesem Leben oder auch gar nicht von dir selbst stammt. Dennoch läuft dieses Programm, wenn es einmal aktiviert wurde, in dir ab. Die alten Schamanen nannten das einen Generationenfluch.
Unser somit gut kultiviertes Stresslevel projizieren wir auch nach Außen und schaffen uns damit ein permanent gestresstes, anstrengendes Umfeld. Dieses wiederum wirkt nachteilig auf uns ein – eine Endlosschleife. Wenn das nicht nur wir, sondern auch andere tun, nun …
Bedenken wir, wie viele Kriege, Streitigkeiten, Hungersnöte, Beziehungsprobleme, Geldnöte oder ganz simpel Überlebenskämpfe es in der Vergangenheit gab (und immer noch gibt), dann können wir uns dunkel ausmalen, wie viel des Gesamtpakets jeder von uns mit sich herumträgt. Mit jeder nachfolgenden Generation kommt noch eine Schüppe obendrauf, wenn niemand an sich arbeitet.
Wie kommen wir heraus aus dieser Nummer?
Du kannst alle möglichen Kurse besuchen, Selbstliebe- und Entspannungsübungen absolvieren und vieles mehr und so lange du möchtest. Das Meiste davon hilft auch erst einmal, denn zunächst ist alles besser als der Zustand davor. Vielleicht hast du eines deiner Symptome beseitigen können. Irgendwann jedoch stellst du fest, dass das eigentliche Problem immer noch da ist, wenn auch an anderer Stelle oder in anderer Ausprägung. Energie kann sich nicht auflösen, sie kann nur ihre Form verändern. Und sie muss fließen, anstatt irgendwo in uns steckenzubleiben.
Ob wir nun also selbst für unsere Misere gesorgt haben oder sie ein Erbstück ist – wir sind nicht machtlos. Auf der energetischen Ebene können wir diese Abdrücke aufspüren, aus unserem Energiefeld befördern und für einen sauberen Fluss sorgen. Jeder von uns hat die Macht und auch die Verantwortung dazu.
Reset
Als erstes setzen wir den endlos ratternden Kampf- oder Flucht-Reflex zurück.
Hierbei wird die Verbindung zwischen dem Herz- (4. Chakra) und dem Sakralchakra (2. Chakra) wieder hergestellt.
(Foto: Tung Lam / pixabay)
Wie im physischen Körper, so ist auch im energetischen Körper das Herz der Motor und Taktgeber für alle anderen „Organe“, hier den Chakren. Das Sakralchakra ist unter anderem für die Verarbeitung von Gefühlen und Emotionen zuständig und wird nach einer Gefahrensituation vom Herzen wieder beruhigt.
Ist aber der Kampf- oder Flucht-Reflex dauerhaft aktiviert, ist die Verbindung zwischen diesen beiden Chakren getrennt und kann sich nicht ohne Hilfe wieder selbst etablieren. Das bedeutet, die negativen Emotionen bleiben stecken und können nicht „kompostiert“ werden.
Der Reset dauert in der Regel nur einige Minuten, höchstens eine Viertelstunde, und du verspürst sofort mehr Ruhe und Erleichterung. Allerdings empfiehlt sich anschließend auf jeden Fall eine sogenannte Illumination, eine alte schamanische Heiltechnik, bei der man die Ursprungswunde aufspürt und aus dem Energiefeld entfernt. Es ist wie bei allem anderen auch – beseitigt man die Ursache nicht, kommt das Problem immer wieder.
Ein Reset bedeutet nicht, dass man für immer gegen alles gefeit ist – das wäre ungesund. In der Natur (denken wir an unser Mammutbaby) kommt der Kampf- oder Flucht-Reflex bei Bedarf zum Einsatz und fährt wieder herunter. Wir müssen weiterhin in der Lage sein, Gefühle zu fühlen. Sie dürfen auch durchaus 20–30 Minuten anhalten. Dauert es länger, handelt es sich um eine Emotion, die sich vermutlich wieder festgesetzt hat.
Gegen kleinere Aufgeregtheiten können einfache Atemübungen helfen, wie z. B. die 3x5er oder 4x6er Atmung, die wir in einem Coaching üben können.
Je sauberer du dein Energiefeld hältst, desto häufiger und erfolgreicher kannst du deinen Stresszustand selbst wieder herunterregulieren. Und mit etwas Übung gehst du sehr viel unaufgeregter und leichter an alles heran – und entdeckst dich selbst.
Emotionen sind Verstärker deiner geistigen Schöpfungen.
von Sandra Barbosa da Silva